Durch die Einführung eines Vertrauensdienstes für digitale Archivierung wurde ein gesetzlicher Rahmen für Substitution (Ersatzdigitalisierung) und elektronische Archivierung geschaffen. Qualifizierte Dienste für elektronische Archivierung bestehen jedoch bislang nur auf Papier.
- Was ist ein Dienst für elektronische Archivierung?
- Seit wann bestehen Dienste für elektronische Archivierung?
- Was ist ein qualifizierter Dienst für elektronische Archivierung?
- Welche Anforderungen müssen qualifizierte Dienste für elektronische Archivierung erfüllen?
- Ist die Inanspruchnahme eines Dienstes für elektronische Archivierung gesetzlich verpflichtet?
- Wann ist die Inanspruchnahme eines qualifizierten Dienstes für die Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten verpflichtet?
- Welche qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter gibt es?
- Fragen oder Anmerkungen?
Was ist ein Dienst für elektronische Archivierung?
Dienste für elektronische Archivierung können in Belgien auf zwei Arten angeboten werden:
- Digitalisierung papierbasierter Daten unter Beibehaltung ihrer Beweiskraft,
und/oder
- Aufbewahrung elektronischer Daten auf eine Weise, die garantiert, dass ihre Lesbarkeit, Integrität und Authentizität erhalten bleibt.
Der Dienst kann durch einen externen Diensteanbieter erbracht oder von einer natürlichen oder juristischen Person auf eigene Rechnung betrieben werden.
Ein Diensteanbieter kann für beide Dienste mittels entsprechender Audits als „qualifiziert“ eingestuft werden (siehe weiter unten).
Seit wann bestehen Dienste für elektronische Archivierung?
Der Dienst für elektronische Archivierung wurde am 21. Juli 2016 durch den sogenannten Digital Act in das Wirtschaftsgesetzbuch eingeführt.
eIDAS-Verordnung (910/2014)
Der Digital Act ist das Rahmengesetz zur Umsetzung der europäischen eIDAS-Verordnung aus dem Jahr 2014 in belgisches Recht. Der Dienst für elektronische Archivierung ist jedoch ein origineller Zusatz zu dieser Verordnung, die nur fünf Vertrauensdienste vorsieht.
Die Europäische Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt vom 23. Juli 2014 verfolgt folgende Ziele:
- technische und rechtliche Hindernisse zwischen Ländern des europäischen Binnenmarktes abzubauen,
- das Vertrauen in elektronische Transaktionen zu erhöhen,
- die Rechtssicherheit für die Benutzer und Vertrauensdiensteanbieter zu erhöhen, und
- den Markt und die Entwicklung von Vertrauensdiensten anzukurbeln.
Die Verordnung definiert fünf Vertrauensdienste:
- die elektronische Signatur,
- das elektronische Siegel,
- der elektronische Zeitstempel,
- das elektronische Einschreiben und
- die Website-Authentifizierung
Die Verordnung führt zwei Grundprinzipien ein:
- Das Prinzip der Nichtdiskriminierung für alle elektronischen Dokumente: Sie dürfen vor Gericht nicht verweigert werden und ihnen darf die Rechtswirkung nicht abgesprochen werden, nur weil sie in elektronischer Form vorliegen.
- Die rechtliche Vermutung der Unversehrtheit und Echtheit der Daten gilt für elektronische Dokumente, die mittels eines qualifizierten elektronischen Vertrauensdienstes signiert, datiert oder versendet werden: Es obliegt der Partei, die die Konformität der Dokumente bestreitet, den Beweis hierfür zu erbringen.
Was ist ein qualifizierter Dienst für elektronische Archivierung?
Anbieter von Diensten für elektronische Archivierung können sich wie auch andere Vertrauensdiensteanbieter in Europa zertifizieren lassen, indem sie eine Überprüfung durchführen lassen, bei der proaktiv festgestellt wird, dass der Vertrauensdiensteanbieter alle Anforderungen erfüllt.
Die von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter erbrachten Archivierungsdienste gelten automatisch als konform. Die Beweiskraft von Daten, die durch einen qualifizierten Dienst für elektronische Archivierung digitalisiert wurden, und die Zuverlässigkeit von Daten, die durch einen qualifizierten Dienst für elektronische Archivierung aufbewahrt werden, gelten als erwiesen.
Dies impliziert und es ist durch die Rechtslage bestätigt, dass Dokumente, die durch einen qualifizierten Dienst für elektronische Archivierung digitalisiert wurden, anschließend ersetzt und vernichtet (= Substitution bzw. Ersatzdigitalisierung) werden können.
Achtung: Für die Vernichtung von Aktenreihen, die dauerhaft aufbewahrt werden sollen, ist gegebenenfalls eine Genehmigung des Staatsarchivs erforderlich (weitere Informationen).
Welche Anforderungen müssen qualifizierte Dienste für elektronische Archivierung erfüllen?
Es gelten folgende gesetzliche Anforderungen für qualifizierte Dienste für elektronische Archivierung:
Der Diensteanbieter muss bei der Aufbewahrung von elektronischen Daten:
- geeignete Maßnahmen ergreifen, unter Berücksichtigung des jeweils neuesten Standes der Technik, um die Lesbarkeit der Daten mindestens während der gesetzlich oder vorschriftsmäßig festgelegten, oder der vertraglich vereinbarten Frist zu garantieren;
- geeignete Mittel einsetzen, unter Berücksichtigung des jeweils neuesten Standes der Technik, um die Unversehrtheit und Echtheit der gespeicherten elektronischen Daten zu bewahren und jede Änderung der gespeicherten elektronischen Daten während der Aufbewahrungsperiode, sowie die Einsichtnahme und die Übertragung zu vermeiden, vorbehaltlich der für die Erbringung ihres Dienstes erforderlichen Änderungen des Datenträgers oder -formats;
- die Daten auf Anfrage des Kunden innerhalb einer angemessenen Frist in einer verwertbaren Form zurückgeben;
- sicherstellen, dass der Prozess der freiwilligen Vernichtung der gespeicherten Daten es nicht ermöglicht, diese vollständig oder teilweise wiederherzustellen;
- jedes Mal, wenn ein Datum und/oder eine Uhrzeit festgestellt werden muss, einen qualifizierten elektronischen Zeitstempel verwenden.
Der Diensteanbieter muss beim Einscannen (Digitalisieren) von Originaldokumenten auf Papier:
- ein System, Material und Verfahren benutzen, die eine getreue, dauerhafte und vollständige Wiedergabe des Dokuments auf Papier gewährleisten;
- die Qualität und Originaltreue der Scans während des Scanvorgangs regelmäßig überprüfen;
- die Daten systematisch und vollständig registrieren und klassifizieren (d.h. ordnen und benennen);
- mindestens Name, Identifizierungscode, Urheber, Beschreibung, Datum, Aufbewahrungsfrist und Endbestimmung der Akte/des Dokuments und das Format des Dokuments registrieren;
- den Digitalisierungsprozess dokumentieren: siehe Informationen digitalisieren, Schritt 9, Punkt 4.
> Siehe Anlage 1 von Artikel XII N1.
Im Königlichen Erlass „Normen“ vom 29. März 2019 ist festgelegt, wie die verschiedenen Anforderungen in der Praxis erfüllt werden können, indem pro Kriterium die jeweiligen Normen (und Referenznummern) angegeben werden, die es zu beachten gilt, um die Anforderungen zu erfüllen.
Diensteanbieter können sich nach diesen Normen zertifizieren lassen, um einfacher als qualifiziert zu gelten, aber das ist keine Verpflichtung. Die öffentliche Hand kann diesen Erlass als praktische Anleitung verwenden, um spezifische Anforderungen zu verfassen.
Ist die Inanspruchnahme eines Dienstes für elektronische Archivierung gesetzlich verpflichtet?
Bei Digitalisierung:
JA, wenn Sie sicherstellen möchten, dass die digitalisierten Informationen originalgetreu sind.
Da es derzeit noch keine qualifizierten Diensteanbieter gibt, wie weiter unten erklärt, sollte man bei der Vernichtung von Originaldokumenten größte Vorsicht walten lassen und vorab eine Risikoanalyse durchführen: weitere Informationen.
- Siehe Artikel XII.25, § 6 des Wirtschaftsgesetzbuchs.
Bei Aufbewahrung:
Derzeit ist die Inanspruchnahme eines Dienstes für elektronische Archivierung nicht verpflichtet.
Es wird jedoch in Zukunft verpflichtet sein für Daten mit einer gesetzlichen Aufbewahrungsfrist – diese Bestimmung des Gesetzbuchs ist allerdings noch nicht in Kraft.
- Siehe Artikel XII.25, § 5, 3. Absatz des Wirtschaftsgesetzbuchs.
Obwohl die Inanspruchnahme eines qualifizierten Dienstes für elektronische Archivierung nicht verpflichtet ist, kann es dennoch einfacher und kostengünstiger sein, als es selbst zu übernehmen.
Wann ist die Inanspruchnahme eines qualifizierten Dienstes für die Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten verpflichtet?
Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass Teile des Gesetzes, insbesondere die verpflichtete Inanspruchnahme von qualifizierten Diensten für elektronische Archivierung, erst in Kraft treten, wenn solche Dienste auf dem Markt verfügbar sind.
Durch die nur schleppende Entwicklung eines Zertifizierungsschemas und Unklarheiten bei der Zertifizierungsprozedur gibt es derzeit noch keine solche qualifizierten Dienste. Folglich ist es noch nicht absehbar, wann diese Bestimmung in Kraft treten wird.
Welche qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter gibt es?
Bislang gibt es noch keine qualifizierten Dienste für elektronische Archivierung.
Deshalb gilt es, Vorsicht walten zu lassen, bevor digitalisierte Dokumente vernichtet werden und beim Anlegen von Archiven digitalen Ursprungs („digital born“). Weitere Informationen hierzu unter Informationen digitalisieren.
Auf der Website des FÖD Wirtschaft finden Sie die aktuelle Liste qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter in Belgien.