Belgisches Staatsarchiv

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Ordnen und Benennen

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Die Akten und Unterlagen unmissverständlich zu benennen und auf durchdachte Weise zu ordnen ist der erste erforderliche Schritt bei der Verwaltung von Informationen.

Was ist archivische Ordnung?

Archivische Ordnung besteht darin, Informationen anhand eines Aktenplans (oder einer Ordnerstruktur bei digitalen Archiven) logisch zu strukturieren, in dem alle bestehenden und zukünftigen Unterlagen einen logisch begründeten Platz haben.

Alle Unterlagen, die im Rahmen der selben Aufgabe angelegt wurden, gehören in dieselbe Aktenreihe. Unterlagen können in einer spezifischen Akte oder direkt in der Aktenreihe abgelegt werden. Mehrere Aktenreihen bilden zusammen einen Archivbestand. Beispiel:

Innerhalb eines Kartons oder eines Ordners können Unterordner oder Unterlagen chronologisch (z.B. eingehender Schriftverkehr), alphabetisch (z.B. Personalakten) oder numerisch (nach Folgenummer, z.B. Rechnungen) geordnet werden. Hierfür müssen die Ordner und Dateien unmissverständlich und einheitlich benannt werden.

Wozu dient ein Aktenplan bzw. eine Ordnerstruktur?

  1. Diese bieten eine Übersicht aller Unterlagen des Dienstes (eine Gesamtansicht).
  2. So kann jeder Mitarbeiter Unterlagen einfach und ohne zusätzliche Hilfe eines Sachbearbeiters finden, wodurch die Dienstleistungen schneller und effizienter erbracht werden.
  3. Aktenplan bzw. Ordnerstruktur bilden die Grundlage für die Abgabeliste, die die Behörden gemäß dem Königlichen Erlass über die Überführung der Archivalien anlegen müssen, wenn sie Schriftgut an das Staatsarchiv überführen, und für die Kassationsliste, die vom Staatsarchiv vor der Vernichtung von Schriftgut genehmigt werden muss.
  4. Die Struktur entspricht idealerweise derjenigen der Aussonderungsliste, sodass die jeweilige Endbestimmung der verschiedenen Aktenreihen leicht in die Abgabe- und Kassationsliste übertragen werden kann.

Wie wird ein Aktenplan bzw. eine Ordnerstruktur angelegt?

Zunächst werden die Organisationsweise der Dienste, die Funktionen, Aufgaben, Tätigkeiten, Arbeitsabläufe und die Arten der angelegten Unterlagen analysiert. Hiervon eine Liste erstellen, die als Grundlage für den Aktenplan dient, der Folgendes enthält:

  • Eine Hierarchie der Bestandsgruppen und -untergruppen, von allgemeinen zu differenzierten Hierarchieebenen geordnet, die vorzugsweise die Aufgaben der Behörde widerspiegeln (siehe Kastentext weiter unten)
  • Max. 5 Hierarchieebenen
  • Umfassende Bestandsgruppen zu allen Tätigkeiten für eine vollständige Ablage aller Unterlagen
  • Zu vermeiden sind Bestandsgruppen mit vagen Bezeichnungen wie „Verschiedenes“, „Anderes“, „Varia“, „Allgemeines“.

Beispiel mit drei Hierarchieebenen:
1. Personalverwaltung
1.1. Anwerbungen und Beförderungen
1.1.1. Anwerbungsverfahren

Ordnung nach Funktions- oder Strukturprinzip?

Ein Aktenplan kann auf dem Organigramm der Behörde (Strukturprinzip) beruhen oder auf den Funktionen und Aufgaben (Funktionsprinzip). Er deckt sowohl die allgemeinen und verwaltungstechnischen Aufgaben (allgemeine Verwaltung, Personalverwaltung, Finanzverwaltung, Gebäudemanagement etc.) als auch spezifische Tätigkeiten und Kernaufgaben ab.

Die Ordnung nach Funktionsprinzip ist aus folgenden Gründen zu bevorzugen:

  • Bei einer Neuordnung von Diensten ist keine Änderung des Aktenplans erforderlich
  • Zweck und Inhalt der Unterlagen spiegeln sich in ihrem Ablageort innerhalb der Ordnung wider. 

Wie wird ein Aktenplan verwendet?

  • Bei einer klassischen digitalen Ordnung lässt sich die hierarchische Baumstruktur sehr einfach in einer Ordnerstruktur wiedergeben und beim Ordnungsvorgang müssen die Dateien lediglich in den richtigen Ordner abgelegt werden;
  • Bei einer SharePoint-Website wird die hierarchische Baumstruktur in Form einer logischen Struktur aus einzelnen Webseiten, Dokumentenbibliotheken, Ordnern und Serien von Unterlagen ausgedrückt (Achtung: Das Staatsarchiv rät von der Benutzung von SharePoint für komplexe Ordnerstrukturen ab, wie hier erläutert).
  • In einem Dokumentenverwaltungssystem kann die hierarchische Baumstruktur je nach System in einer Ordnerstruktur und/oder anderer Ordnungsform wiedergegeben werden;
  • Bei der Ordnung von Papierdokumenten wird die hierarchische Baumstruktur dargestellt, indem bestimmte Bereiche der Archivräume oder Regale den verschiedenen Aktenreihen zugewiesen werden. Akten in laufender Nutzung aus einer selben Serie können gegebenenfalls an anderer Stelle abgelegt werden, beispielsweise am persönlichen Arbeitsplatz des Sachbearbeiters, bis sie abgeschlossen werden.
  • Bei einer hybriden Ordnungsform spiegelt sich die hierarchische Baumstruktur auf unterschiedliche Weise wider. Durch die Anwendung eines allgemeinen übergreifenden Aktenplans für sowohl digitale als auch analoge Unterlagen können diese beiden Dokumenttypen leichter verknüpft und hybride Akten ganzheitlich verwaltet werden.

Wann muss die Ordnung festgelegt werden?

Eine Ordnung kann zu jedem Zeitpunkt der dynamischen und semi-dynamischen Phase von Schriftgut eingeführt werden, aber grundsätzlich gilt je früher desto besser. Gründungen, Zusammenlegungen und Neugliederungen von Behörden und Diensten bieten beispielsweise eine geeignete Gelegenheit, um von Grund auf anzufangen. Wenn sich ein großes Volumen an Schriftgut angesammelt hat, ist es schwieriger eine (neue, bessere) Ordnung einzuführen, und es wird mehr Zurückhaltung bei den Mitarbeitern geben, die das alte Ordnungssystem gewohnt sind.

Einmal in der dynamischen oder semi-dynamischen Phase eingeführt, darf die Ordnung in der statischen Phase nicht mehr geändert werden. Die ursprüngliche Ordnung muss im Laufe des Lebenszyklus der Unterlagen so weit wie möglich beibehalten werden.

Wie wird die Unterstützung der Kollegen für den Aktenplan sichergestellt?

Wer eine neue Struktur für das Archiv einführen möchte, kann mit Zurückhaltung seitens der Kollegen rechnen, die – möglicherweise nach viel Übung – gelernt haben, sich in der bestehenden Ordnung zurecht zu finden, selbst wenn diese nicht unbedingt optimal ist.

Bevor ein neuer Aktenplan erstellt wird, sollte Rücksprache mit den Kollegen gehalten werden, um deren Bedürfnisse und Zweifel in Erfahrung zu bringen und die Zielsetzungen und Vorteile des Projekts darzulegen. Danach wird den Kollegen einen Entwurf vorgestellt und die neue Ordnung gemeinsam während einer Testphase geprüft und erforderlichenfalls nachgebessert. Vor der endgültigen Einführung des neuen Aktenplans gilt es, eine Anleitung zu verfassen und Weiterbildungen zu organisieren.

Auch sollte der Rückhalt durch das Management gewährleistet sein. Möglicherweise muss auch beim Management etwas Überzeugungsarbeit geleistet werden, davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen, wenn man einen guten Entwurf vorweisen kann.

Wie Ordner und Dateien unmissverständlich benennen?

Benennung von Papierakten

Audiovisuelle Informationsträger?

Benennungen und Nummern nicht auf das Trägermedium selbst schreiben, sondern auf dessen Verpackung, und eine Übersicht aller audiovisuellen Dokumente aufbewahren, z.B. in einer Excel-Tabelle.

In der analogen Welt des Papiers wird eine Benennung und gegebenenfalls eine Nummer auf den Aktendeckel vermerkt.

Hierbei müssen folgende Richtlinien beachtet werden:

  • Die Benennung muss eindeutig, unmissverständlich und kurzgefasst sein.
  • Begriffe und Abkürzungen vermeiden, die nicht jederzeit von allen Benutzern verstanden werden können.
  • Namen und Initialen vermeiden, es sei denn, die Akten beziehen sich auf eine bestimmte Person, wie z.B. bei Personalakten. Namen müssen so einheitlich wie möglich vermerkt werden. Also nicht einmal ‘[Vorname] [Nachname]’ und ein anderes Mal umgekehrt.

Benennung von Dateien und Ordnern

Die korrekte Benennung nicht aufschieben.

Den Ordnern und Dateien direkt beim Anlegen eine geeignete Benennung geben.

In einigen Fällen können Ordner und Dateien noch in Massen umbenannt werden (bulk renaming), was allerdings vom Aktentyp abhängig ist.

Bei digitalen Archiven müssen nicht nur die Ordner, sondern auch die darin enthaltenen Dateien mit einer korrekten Benennung versehen werden.

Die Regeln für die Benennung von Papierakten gelten gleichermaßen für digitale Ordner und Dateien. Folgendes muss zudem beachtet werden:

  • Benennungen (oder Teile davon) nicht auf einer niedrigeren Hierarchieebene wiederholen. So müssen zum Beispiel die Dateien im Ordner „Direktionsratsprotokolle“ nicht noch einmal als „Direktionsratsprotokoll_20230530“ benannt werden.
  • Bei der Benennung von Ordnern und Dateien ausschließlich die Schriftzeichen a bis z, A bis Z, 0 bis 9 und _ (Unterstrich) verwenden. Also keine Leerzeichen, Satzzeichen oder Symbole verwenden, und auch dann nicht, wenn das Archivverwaltungssystem es ermöglicht. Denn bei einer anderen Software, die zukünftig zur Archivverwaltung benutzt wird, kommt es möglicherweise zu Kompatibilitätsproblemen mit diesen Zeichen.
  • Um ein gutes Suchergebnis zu ermöglichen, werden die einzelnen Wörter bei der Benennung nicht zusammengeschrieben, sondern mit _ (Unterstrich) voneinander getrennt.
  • Dateinamen sollen nicht länger als 30 Zeichen sein.
  • Artikel (Geschlechtswörter) vermeiden.
  • Dateien in der Sprache ihres Inhalts benennen, oder in der des Autors bei mehrsprachigem Inhalt.
  • Für die Benennung von Dateien vorzugsweise immer dasselbe Schema verwenden, zum Beispiel:

Datum_Dokumenttyp _[Absender/Adressat]_Betreff_[Version]

Falls die Dateien nicht chronologisch geordnet werden können: Das Datum am Ende des Dateinamens vermerken.

  • Für Datumsangaben das Format JJJJMMTT (z.B. 20240501), damit die Dateien chronologisch korrekt von Software geordnet werden können.
  • Führende Nullen verwenden (z.B. 00001), damit die Dateien von Software korrekt nach Folgenummer sortiert werden können.

Sind deutliche Ordnerstruktur und Benennung entbehrlich, wenn anhand von Metadaten und Volltextsuche nach Dateien gesucht werden kann?

NEIN. Eine Suchfunktion versieht die Dateien nicht mit einer Struktur und bietet keine Gesamtübersicht.

Ein leistungsstarkes digitales Dokumentenverwaltungssystem verfügt über drei Funktionen für die Suche nach Dokumenten:

  • Suche in der Hierarchie der Ordnung (anhand des Aktenplans), für eine Gesamtübersicht der Dokumente in ihrem jeweiligen Kontext;
  • Suche anhand von Metadaten, für eine transversale Suche auf der Grundlage von bestimmten Dokumenteigenschaften;
  • Volltextsuche für eine transversale Suche bei der die Haupteigenschaften der Datei nicht bekannt sind. Diese Methode ist recht ineffizient, da sie viel Rechenleistung erfordert und möglicherweise viele nicht relevante Suchergebnisse liefert; sie kann sich als ergänzende Suchmethode aber als nützlich erweisen, falls die obigen Funktionen nicht das gewünschte Ergebnis geliefert haben.

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