Die Schulinspektionsakten der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die zwischen 1921 und 1988 von den verschiedenen Inspektoren der subventionierten Grundschulen erstellt wurden, sind inventarisiert worden und können im Staatsarchiv Eupen eingesehen werden. Sie zeugen vom Zustand der Schulgebäude, der sinkenden Geburtenrate in der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem wachsenden Einfluss der so genannten aktiven Pädagogik in den 1960er Jahren.
Bildung und Ausbildung sind Kernkompetenzen der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die sie im Zuge der Staatsreform von 1988 erhielt. Die neue Abteilung des Ministeriums nahm ab dem 1. April 1990 unter der Bezeichnung „Abteilung Organisation des Unterrichtswesens“ ihre Arbeit auf. Nach mehreren Umstrukturierungen wird die Kompetenz heute durch die 3 Fachbereiche Ausbildung und Unterrichtsorganisation, Pädagogik und Unterrichtspersonals ausgeübt. Beim Fachbereich Pädagogik ist die Schulinspektion und Schulentwicklungsberatung angesiedelt.
Bei dem in diesem Inventar beschrieben Bestand handelt sich ausschließlich um Vorakten der heute für die Schulaufsicht der Deutschsprachigen Gemeinschaft zuständigen Verwaltungsstelle. Die Unterlagen wurden zwischen 1921 und 1988 durch die jeweiligen Primarschulinspektoren für den subventionierten Unterricht im deutschen Sprachgebiet gebildet. Zum subventionierten Unterricht gehörten sowohl Schulen in Trägerschaft der Gemeinden als auch Schulen in freier, z.B. kirchlicher Trägerschaft. Innerhalb des Primarschulbezirks Verviers bestanden 1953 für Ostbelgien die Schulkantone Eupen, Sankt Vith, Stavelot-Malmedy und Aubel. In den 1960er- und 1970erJahren wurden die Kantone neu zugeschnitten. Es entstand nun ein deutschsprachiger Schulkanton Sankt Vith, der auch den Eupener Raum miteinschloss. Im Zuge der Kompetenzübertragung wurden die im Inventar erfassten Unterlagen dann 1988 an die Deutschsprachige Gemeinschaft abgegeben, die sie nach Abschluss der Vorgänge archivierte.
Zu den Aufgaben der Schulinspektoren gehörte die Vollziehung der Ernennungen von Lehrpersonal, die Überwachung der Umsetzung der vom Schulministerium vorgegebenen Curricula und die Ausbildungsstandards für Lehrkräfte auf allen Bildungsebenen sowie die entsprechende Kontrolle der Schulen und ihres Unterrichtspersonals durch Inspektionen und Bewertungen. Darüber hinaus bildeten die Schulinspektoren die Verwaltungs- und Vermittlungsebene zwischen den Schulen und den Schulträgern – im Primarschulwesen also vor allem der Gemeinden – sowie dem Schulministerium.
Die Archive
Aufgrund der umfangreichen Laufzeit, die jedoch einen Schwerpunkt in den Jahrzehnten zwischen 1950 und 1980 aufweist, spiegeln die Akten verschiedene historische Entwicklungen in dieser Zeit wider. Nachvollziehbar werden etwa die fallenden Schülerzahlen angesichts des Zweiten Weltkrieges und des „Pillenknicks“ in den 1960er-Jahren, aber beispielsweise auch die insbesondere in der Eifel provisorischen und primitiven räumlichen Bedingungen, unter denen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten Unterricht erteilt wurde. Zudem wird die Bereinigung der extrem kleinteiligen Schulstruktur im Laufe der Jahrzehnte deutlich. Hatten in den 1950er-Jahren noch kleinste Weiler eine eigene Dorfschule, wurden insbesondere im Verlauf der 1970er-Jahre viele kleine Standorte zu Gunsten von größeren Schulen in den Gemeindehauptorten aufgegeben.
Darüber hinaus dokumentieren die Unterlagen die Organisation und die Subvention der freien Schulen. Ernennungen von Lehrpersonen, der „zweite Schulkrieg (1951–1958)“ sowie der zunehmende Einfluss der sogenannten Reformpädagogik ab Ende der 1960er Jahre. Ein weiterer wichtiger Themenkomplex ist die Diskussion um die Unterrichtssprache in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Geographisch liegt ein Schwerpunkt der Überlieferung auf dem Gebiet der südlichen belgischen Eifel (heutige Gemeinden Amel, Sankt Vith und Burg Reuland).
Das Inventar
Das Inventar des Archivs der Pädagogischen Abteilung des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft kann kostenlos online eingesehen werden.
QUADFLIEG Peter, Inventar Archivbestand Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (MDG): Fachbereich Pädagogik (1920-1991), Reihe von Inventaren Staatsarchiv Eupen Nr. 25, Publikationsnummer 6264, Staatsarchiv, Brüssel, 2022.