Über 250 Verwaltungsdokumente, die im Zweiten Weltkrieg in Belgien entwendet wurden, sind im Jahr 2013 an unser Land zurückggeben worden. Das Archivgut hatte im Zweiten Weltkrieg nach einer Bombardierung während sechs Monaten im Wasser gelegen, wurde später restauriert und nun teilweise inventarisiert. Es enthält Dokumente über die Ernennung von Bürgermeistern, Pläne von öffentlichen Gebäuden des damaigen Kreises Malmedy und eine statistische Bevölkerungsliste des Kreises Eupen im Jahr 1849.
Am 16. April 2013 wurden bei einem offiziellen Akt in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen in Brüssel 250 sogenannte Kahnakten zurückgegeben, die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht an Belgien restituiert werden konnten, weil sie damals nicht eindeutig identifiziert und einem Archivbestand zugeordnet werden konnten. Die Akten gehörten zu den Beständen betreffend die 1940 vom deutschen Reich annektierten Gebiete, die im Zuge der Besetzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg von deutschen Archivaren aus der Überlieferung der belgischen Archive herausgerissen und nach Düsseldorf überführt wurden. Von dort sollten die Akten gegen Kriegsende per Schiff über den Mittellandkanal in vermeintlich sicheres Gebiet ausgelagert werden. Das Schiff wurde jedoch im Hafen von Hannover von Bomben betroffen und sank; die wertvolle archivische Fracht wurde erst nach einem halben Jahr geborgen und befand sich in einem desolaten Zustand. Die Akten waren „durch und durch nass“, teilweise verschimmelt, andere angekohlt und teilweise verbrannt; Seiten der Akten waren miteinander verklebt und einige Stücke durch Stauchungen oder Risse beschädigt. Nach dem Krieg wurde der größte Teil der belgischen Bestände an Belgien restituiert. Die zurückgebliebenen Akten wurden im Laufe der Jahre beim Landesarchiv NRW identifiziert und nach den neuesten Verfahren restauriert. Die Akten erhielten den Namen Extradenda Belgien.
Bei diesen Extradenda fanden sich ungefähr 80 Akten, die auf Grund ihrer Provenienz den Archivbeständen Landratsamt und Kreisverwaltung Eupen und Landratsamt und Kreisverwaltung Malmedy zugeordnet werden konnten. Bis dahin war angenommen worden, dass diese Akten durch Kriegseinwirkung verloren gegangen waren. Bei den Akten des Landratsamtes und der Kreisverwaltung von Malmedy befinden sich auch einige Akten der Vorgängerbehörde Kreisdirektion Malmedy (1813-1815). Diese zwei kleine Nachträge enthalten meist vereinzelte Unterlagen zu sehr unterschiedlichen Themen und Kompetenzen der Kreisverwaltungen.
Der Nachtrag für Malmedy enthält einige interessante Akten zu Bürgermeisterernennungen sowie eine Reihe von Akten des Kreisschulinspektors in Malmedy. Ins Auge springen auch einige Akten betr. den Bau oder den Neubau von öffentlichen Gebäuden mit wertvollen Zeichnungen und Plänen. Zu nennen sind die Pläne betreffend das Gebäude des Landgerichts (1816), der Hospitalkirche (1903) und des Pfarrhauses (1835-1838) in St. Vith, diverse Wegebaupläne und Unterlagen betr. die Kirchen in Bellevaux (1823-1824) und Robertville (1837-1842). Für den Kreis Eupen ist vor allem die statistische Bevölkerungsliste aus dem Jahre 1849 mit einer namentlichen Auflistung der Bevölkerung des Kreises mit Angaben betr. Beruf, Familienstand und Alter zu erwähnen. Leider ist diese durch Brandeinwirkung beschädigte Liste nur noch teilweise nutzbar.
Die vorliegenden Inventare wurden ergänzt mit einer historischen Einleitung über die Kreisverwaltungen und über die wahre Odyssee dieser Archivbestände, die mit der Rückgabe an Belgien 2013 abgeschlossen werden konnte. Zum ersten Mal seit 1940 stehen diese Erradenda-Bestände, die eine wertvolle Ergänzung zu den bereits vorhandenen Beständen der Kreisverwaltungen bilden, den Benutzern im Staatsarchiv in Eupen wieder zur Verfügung.
Online-Inventare
HERREBOUT Els, Inventar des Landratsamtes, der Kreisverwaltung und der Kreisdirektion des Kreises Malmedy. Extradenda, serie Inventare Staatsarchiv in Eupen 6, Generalstaatsarchiv, Brüssel, 2016.
HERREBOUT Els, Inventar des Landratsamtes und der Kreisverwaltung des Kreises Eupen. Extradenda, serie Inventare Staatsarchiv in Eupen 7, Generalstaatsarchiv, Brüssel, 2016.
